4go2ireland - London/Irland - 2022

vom 1. August 2022 - 21. August 2022
Der original Blog "4go2ireland" ist unter 4go2ireland.tumblr.com zu finden.
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Das Beste kommt zum Schluss

Tag 15: Dienstag, 16. August 2022

Um 9. 30 Uhr sind wir startklar. Vorher durfte Louisa noch die vier Hühner eines der Söhne des Hauses mit Maiskörnern füttern. Ihr Sohn sei Veganer geworden, habe aber Eier vermisst, erzählt Julie. Also habe er sich Hühner angeschafft, um in jedem Fall “glückliche” Eier zu haben.

Eine Rast legen wir recht zügig ein: Am Inchbeach, einem der langen Strände auf der Dingle-Halbinsel, gibt es Kaffee, Schokolade und Kuchen im “Sammys”. Noch ein kurzer Bummel, dann nehmen wir Abschied von der wunderbaren Region. Man möchte an jeder Kurve seufzen, so schön ist es.

Unsere letzte Ferienwohnung liegt nahe Bantry, noch weiter im Südwesten. Auf dem Weg dorthin kommen wir ganz zufällig am Killarney National Park vorbei, in dem unter anderem die Muckross Traditional Farm liegt. Das ist ein kleines Freilichtmuseum, in dem Cottages aus verschiedenen Zeiten gezeigt werden. In den Küchen glimmen die Torffeuer.

Mal gibt es frisch gebackenes Brot mit Butter, mal wird im Schulhof Stroh gebunden. An jeder Ecke stehen ältere Damen und Herren, die wir erst (nach australischem Vorbild) für freiwillige Helfer halten, aber weit gefehlt: Sie sind beim County Cork angestellt, erläutert eine Dame, die schon seit über 35 Jahren im Dienste von Muckross House, Farms, Gardens Antiquitäten renoviert.

Natürlich dürfen die Tiere nicht fehlen: Einem Esel wird der Huf geschnitten, weil er an einem Abzess leidet. Die Schafe bekommen nach und nach ihren Sommerschnitt. Hühner rennen umher, Kälbchen Charlie freut sich über Streicheleinheiten, ein knuffiges Kaninchen heißt auch noch Flopsy …

Der Parkplatz ist zwar knallvoll, aber in den Höfen ist alles entspannt. Denn das Gelände insgesamt ist kostenlos und sehr weitläufig. Eintritt kosten nur die Farms und das große Gutshaus (das wir uns aber sparen, ist ja nur ein Zwischenstopp). Die Natur ist noch grüner, erinnert noch mehr an Australien und Neuseeland, als bei den vorherigen Stationen.

Die Reiseleitung führt die (langsam etwas meuternde) Truppe noch zu den verschiedenen Gärten, dann zum kleinen Muckrose Lake und zum größeren Lough Leane. Dann ist aber leider Schluss: Der Fahrer weist darauf hin, dass noch über eine Stunde Fahrzeit zu erwarten sind ….

Das ist übrigens auch der Grund, weswegen wir sämtliche Rings (Ring of Kerry, Ring of Beane, Ring of Mizen), also Rundstraßen, ausfallen lassen. Damit verpassen wir zwar viele wunderschöne Orte und Ausblicke - aber es ist auch so schon genug Fahrerei. Der Ring of Kerry wäre zum Beispiel 180 Kilometer lang, auf einer engen Straße, sicher mit Stopp-and-go … danke, nein.

Google Maps führt uns wieder über kleine Sträßche mit viel Landschaft Richtung Bantry. Wir wohnen etwas außerhalb des Ortes, den wir heute auch garnicht mehr zu sehen bekommen. Unser kleines Häuschen ist wieder so gemütlich, dass wir uns direkt zuhause fühlen. Sehr liebevoll eingerichtet, mit Kunst und Nippes, sattem grünen Rasen, hohen Palmen, blauen Hortensien. Bei einem Abstecher zum Lidl entscheiden wir spontan, heute Abend selbst zu kochen.

Danach lockt die Reiseleitung ihre Truppe noch zu einem klitzekleinen Abendspaziergang vor die Tür. Laut Vermieterin Claire muss man nur kurz den Golfplatz kreuzen, dann ist man am Meer. Natürlich ist etwas Überzeugungsarbeit zu leisten, natürlich sind dann wieder alle begeistert. Wir entdecken Traumhäuser, Hund Bruno will gestreichelt werden und der Abendhimmel über der Bucht ist wunderbar.

Auf dem Rückweg studieren wir die Tafel am Golfplatz. Kilian wollte ja schon immer mal Golf spielen und kennt sich in der Theorie zumindest etwas aus. Da spricht uns ein Ire an, der gerade ankommt: Ob Kilian Lust hat, es mal zu versuchen? Also geht es auf den heiligen Rasen, es gibt Bälle und Erläuterungen. Allerdings sind die Schläger für Rechtshänder, es wird noch kurz ein Schläger für Linkshänder besorgt (der Ausleihende ist eine Hurling-Größe, heißt es) und es gibt eine kleine Trainingseinheit. Gerald darf auch kurz ran. Dann müssen die inzwischen drei Herren zu einer Clubsitzung und wünschen noch einen schönen Abend. Einfach nur nett. Und Kilian geht strahlend und mit leicht glühenden Backen nach Hause. War schon cool.

Vom County Kerry ins County Cork

Dienstag, 16. August 2022

Natürlich gibt es noch viel mehr Bilder. Hier sind einige davon.

Dann kam der Regen

Tag 16: Mittwoch, 17. August 2022

Am Morgen ist noch bestes Ausflugswetter. Irgendwann schaffen es sogar die beiden Teenager (ja, da zählt auch die Zehnjährige schon dazu …) ans Tageslicht und es kann losgehen. Zuerst nach Bantry, der Kleinstadt mit knapp 5000 Einwohnern. Nettes Städtchen am Meer. Einer Empfehlung der Vermieterin folgend führt unser Weg ins “Stuffed Olive”, einem Imbiss mit Kaffee, Gebäck und Salaten, um uns für ein Picknick auszustatten. Natürlich trinken wir erst Kaffee und legen dann noch eine zweite Runde in dem kleinen, feinen Laden ein.

Die Auswahl an möglichen Ausflugszielen ist wieder einmal sehr groß. Da uns die Gegend gerade ruhig erscheint, versuchen wir unser Glück bei einem Ort, der ohne Covid, Inflation und dem ganzen Rest um diese Jahreszeit immer gnadenlos überrannt wird: Garinish Island. In der Bucht vor Gelngarriff, etwa 20 Fahrminuten entfernt. Dort hatte ein irischer Politiker und Millionäer 1910 begonnen, sich ein mediterranes Paradies zu schaffen, eine Blumeninsel samt Tempeln und was sonst noch gerade en vogue war. Und da er zwischendurch pleite ging, gibt es zwar Blütenpracht, für die Familie Bryce reichte das Geld aber nur noch für ein bescheidenes Wohnhäuschen.

Erstaunlicherweise sind wir am Pier zunächst alleine und auch sonst wird es nicht allzu voll. Sehr angenehm. Wir nehmen die Harbour Queen (satte 42 Euro für die Überfahrt), die Insel kostet dann nochmal 13 Euro (für uns alle zusammen) Eintritt. Irgendwie ein Missverhältnis, denn das Blumenmeer wird von einer Heerschar Gärtnern gepflegt. Bei der Überfahrt gibt es noch eine kleine Runde an einer Robbenkolonie vorbei.

Auf der Insel verweilen wir uns dann knapp drei Stunden. Kein Autoverkehr, relativ wenige Touristen, strahlende Sonne und eine entsprechend entspannte Atmosphäre (geht offensichtlich auch anders, wie die Reiseführer warnten). Erst in den italienischen Garten, dann zum griechischen Garten, durch das Happy Valley zum “ummauerten Garten” zum Martello Tower. Dank des Golfstroms wachsen hier auch Baumfarne, neuseeländische Kauribäume, tasmanische Nadelbäume … und wir verbringen viel Zeit damit, fast zahme Rotkehlchen zu beobachten.

Das einzige, was uns etwas irritiert: Kein Mülleimer, nirgends. Nicht einmal auf den je Geschlecht insgesamt zwei (!) Toiletten für die gesamte Insel. Das liegt daran, dass man seinen Müll wieder mitnehmen soll, erläutert die freundliche Dame an der Info, die wie alle anderen Mitarbeiter (größtenteils im Rentenalter) unbedingt Feedback haben will. Leider werde dieses Prinzip nicht wirklich gut kommuniziert. Wir haben inzwischen das Problem, dass wir Müll mit uns herumschleppen, den wir nicht entsorgen können. Denn im Ferienhaus gibt es da auch gewisse Lücken … Wohin bringen eigentlich die Iren ihren Abfall? Wir bleiben da mal dran.

Aber der Tag ist ja noch jung. Zur Begeisterung der gesamten Familie zaubert die Reiseleitung noch eine kleine Wanderung aus dem Hut. In den Glengariff Woods, einem Naturpark, wartet noch der Weg zu Lady Bantrys Outlook auf uns. Also nochmal ein paar Minuten fahren, parken und los geht’s. Der Weg ist nicht lang, nur gegen Ende etwas steil. Aber die Aussicht lohnt das natürlich. Auf der Bank auf dem aussichtsreichen Hügel verplaudern wir uns eine Runde mit anderen Deutschen, der Nachwuchs vertieft sich derweil ins Mobiltelefon.

Inzwischen rücken die Regenwolken näher. Es ist gegen 16 Uhr und niemand ist mehr für einen Skulpturengarten oder Bambuspark zu begeistern, komplett unverständlich. Allerdings naht bei Kilian der Hungertod, denn das Picknick ist ja schon wieder ein paar Stunden her. Da kommen die Streetfoodstände in Glengarriff gerade recht. Erst bekommt der Nachwuchs Crepes, dann teilen wir uns Mönchsfisch und Pommes, zum Abschluss noch eine kleine Pizza (und wenn wir nicht bremsen würden, ginge da noch einiges mehr). Zum Abendessen soll es dafür Reste der letzten Tage geben.

Und so sind wir jetzt in unserer Ferienwohnung, draußen nieselt es und der Blog ist ausnahmsweise mal vor dem Abendessen fertig.

Blütenträume

Mittwoch, 17. August 2022

Nach einer Blumeninsel gibt es natürlich Blumenbilder

Der Charme des Verfalls

Tag 17: Donnerstag, 18. August 2022

Es regnet. Genauer: Irischer zerstäubter Niesel aus verschiedenen Himmelsrichtungen. Also verbringen wir den Vormittag mit viel Tee und Abhängen auf hohem Niveau. Gegen 12 Uhr starten wir Richtung Bantry. Aber auf dem Weg zur Futterstelle liegen zur Freude aller erst noch eine Kirche (unspektakulär, abgesehen von der Sitzheizung und dem sehr prominent aufgehängten Desinfektionsspender) und eine kleine Ausstellung von Künstlern aus West Cork.

Wir wundern uns über so manche Preisgestaltung, denn einiges würden zumindest drei von uns vier auch hinbekommen. (Die vierte im Bunde würde die Werbetexte übernehmen). Und wie immer wählt jeder sein Lieblingsbild aus. Danach finden wir eine kleine Einkehr mit großer Pizza, Tomatensuppe, Salat, Quesadilla. Mit dem Shoppen wird es natürlich wiedermal nichts, der vielversprechende Laden entpuppt sich vor allem als Verkaufsstelle diverser Ohrringdesignerinnen. (Kurzer Exkurs: Shoppen klappt nie. In Canberra kam eine Mittelohrentzündung dazwischen, in Pula ein verstauchter Knöchel, in London die Menschenmassen und die Hitze …) Und das restliche Bantry ist zwar nett, aber eher so an der Pubfront.

Also auf zu Bantry House and Garden. Gestern hätte es wegen des Tag des Nationalerbes halben Eintritt gegeben, wir zahlen heute die vollen 33 Euro. Richard White, zweiter Early von Bantry, hatte gegen 1850 mit dem Bau des Gebäudes begonnen. Im Inneren gibt es ein Sammelsurium von Mitbringseln diverser Reisen, mal mehr, mal weniger geschmackvoll. Fenster und Bausubstanz weisen darauf hin, dass die prachtvollen Zeiten lange zurückliegen. Die Gärten wurden zur Jahrhundertwende wohl mit EU-Geldern wieder aufgepeppt. Aber das Anwesen gehört weiter den Whites, die auf aktuellen Familienfotos zu sehen sind. Unter anderem übrigens auf der Damentoilette …

Wir vertiefen uns lieber in den großen Atlas von 1922 oder das Puppenhaus, bevor wir das Teehaus ansteuern. Der Brownie ist so süß, dass Kilian (nach zwei Stücken) fast mit Zuckerschock vom Stuhl fällt, der Zitronenkuchen war hingegen sehr fein. Das Ambiente hat was, wie gesagt: Der Charme des Verfalls …

Der Dschungel auf dem Weg zum ehemaligen Küchengarten ist beeinndruckender als die Gartenterrassen mit ihrer guten Sicht: eine wunderschöne grüne feuchte Hölle. Der Küchengarten hingegen … wird laut Tafel gerade mit gemieteten Ziegen beweidet (die heute offensichlich ihren freien Tag hatten) und ist eher eine struppige Wiesen mit Ruinen von Gewächshäusern. Da muss dringend nochmal ein Fördertopf in Brüssel angezapft werden.

Noch ein Stopp am Supermarkt, dann geht es in die Ferienwohnung. Louisa und Nicole schauen nochmal zum Meer, Abendessen gibt es zuhause.

Der Erbe vom Earl braucht Geld

Donnerstag, 18. August 2022

So ein leicht verwahrlostes Anwesen ist natürlich ungeheuer fotogen.

Von Westen nach Osten

Tag 18: Freitag, 19. August 2022

Gegen 10 Uhr starten wir. Bantry liegt an der südlichen Westküste von Irland, am Abend müssen wir ganz im Osten sein. Da die Fähre nach England am Samstag um 8.45 Uhr geht, hat die Reiseleitung ein Hotel quasi in Sichtweite des Fährterminals gebucht.

Vorher sind etwa 270 Kilometer zurückzulegen. Das meiste davon auf Straßen mit der Kennzeichnung “R”, also kleine Landstraßen. Wir sind ausgesprochen dankbar, dass unsere Kinder gute Autofahrer sind, denn es ist ein ständiges Schaukeln und Wackeln. Allein die Reiseleitung fühlt sich manchmal wie auf einer Kurventour in den Alpen und wird etwas blass um die Nase. Aber wer hat’s geplant? Eben.

Natürlich vebringen wir unseren letzten Tag in Irland nicht ohne einen lohnenden Zwischenstopp. Nach eineinhalb Stunden steuern wir Cobh (kein Schreibfehler, heißt wirklich so) an, ein kleines Städtchen südlich von Cork. Hier befand sich einmal der größte Transatlantikhafen Irlands. Das Queenstown Heritage Center befasst sich entsprechend mit den Themen Auswanderung, Hungersnot, Titanic, Lusitania. Dank eines sehr guten deutschen Audioguides haben wir alle vier Spaß an der wirklich spannend gemachten Ausstellung.

Zuerst haben die Briten ihre Kriminellen verschifft, gerne nach Australien. Damit waren die Gefängnisse nicht mehr überfüllt und in den Kolonien gab es Arbeitskräfte. Dann wanderten die Iren wegen der Hungersnot (Kartoffelfäule und soziale Ungerechtigkeit, um es stark verkürzt zusammenzufassen) in Scharen aus. Von 8 Millionen Iren vehungerten zwischen 1845 und 1849 eine Million Menschen. Nochmal 1,5 Millionen wanderten aus, viele davon in die USA. Damals gelangte man auf Segelschiffen dorthin, die Überfahrten waren so elend und gefährlich, dass die Schiffe auch “Sargschiffe” genannt wurden.

Schließlich gab es zum Beispiel in Australien das Problem, dass es an Frauen mangelte. Entsprechend hatte die britsche Regierung die ausgesprochen praktische Idee, junge Frauen aus Armenhäusern (siehe Hungersnot) dorthin zu schicken. Die wiederum waren von der Aussicht, in der Ferne ehemalige Strafgefangene heiraten zu müssen, eher wenig begeistert.

Schließlich begann die Ära der Dampfschifffahrt. Um das blaue Band zu erlangen lieferten sich die Kapitäne mit ihren Schiffen geradezu Wettrennen über den Atlantik. Auch die Titanic wollte Rekorde brechen. Ihr letzter Stop in Irland war in Cobh, zuvor hatte sie übrigens noch fast ein anderes Schiff gerammt.

Die Austellung bietet viele kleine Details, wie die Flaschenpost eines jungen Mannes, der sie in einer Weihwasserflasche versandt hatte. Die Post kam an, der junge Mann ertrank. Wie über 1500 der gut 2200 Menschen an Bord - die Rettungsboote reichten nur für die Hälfte der Passagiere aus.

Erzählt wurden die Geschichten von einem Kapitän der Lusitania, die wiederum vor Cobh im ersten Weltkrieg von den Deutschen versenkt wurde. Absolut empfehlenswertes kleines Museum.

Danach bummeln wir etwas durch die kleine Stadt. Im Seasalt gibt es leckeres Essen und vor allem: keine Pommes!! Danach noch eine Runde vorbei an vielen bunten Häusern, hoch zur Kathedrale. Dort dürfen wir nur kurz hineinschauen, eine Hochzeit. Also gehen wir gemütlich zurück zum Auto. Gerald navigiert uns weiter zur Küste, gegen 18 Uhr sind wir in Rosslare Harbour.

Der Plan, in der wohl wirklich schönen Stadt Wexford zu Abend zu essen, wird verworfen. Das wären nochmal 25 Minuten Fahrt einfach. Stattdessen geht es zu den Barbecue Cowboys ein paar Straßen zu Fuß entfernt, danach gehen wir noch am Strand spazieren. Dort treffen wir “Mütze on Tour”, einen 41-Jährigen aus der Nähe von Stade, der sich nach psychischen Problemen vor 15 Monaten zu Fuß auf den Weg gemacht hat, in Begleitung von Hündin Lotte. Nach Polen, Tschechien, Holland, England, Schottland und Irland will er jetzt nach Frankreich übersetzen, um den Winter diesmal in Spanien zu verbringen. Sympathischer Typ, Kilian ergoogelt sofort seine Website. Dann wünschen wir Mütze und Lotte eine gute Nacht und spazieren zurück zur Unterkunft.

Fahrtag 1, garnicht langweilig

Freitag, 19. August 2022

Und noch ein paar Bilder aus dem Museum und aus dem Fährhafen Rosslare.

Der lange Weg zurück

Tag 19: Samstag, 20. August 2022

Im Tuskar House in Rosslare schlafen wir hervorragend. Etwas störend sind nur die anderen Gäste, die mitten in der Nacht zur Fähre stürmen - dabei fahren da garnicht so viele. Wir sind um 8 Uhr vor Ort in der Warteschlange, die Pässe will wieder keiner sehen. Die drei Tauers schlendern gerade zur Kaffeebar auf dem Parkplatz, als Gerald den Einweiser erblickt. Also schnell zurück ins Auto….

Kilian erobert Plätze mit bestem Meerblick. Da sich die Warteschlange für das teure Breakfast durch den Raum zieht, nehmen wir nur Kaffee und Croissants. Danach genießen wir vier Stunden lang spürbar den Seegang. Schlecht wird zum Glück dennoch nichtmal der Reiseleitung. Louisa erkundigt sich, ob denn auf diesem Schiff genug Rettungsboote für alle wären. Hat der Museumsbesuch doch schon was gebracht … Im Kino läuft “König der Löwen”, draußen ist feuchtwarmes Wetter, schon bald tauchen die ersten walisischen Inseln auf.

Um 13 Uhr rollen wir in Pembroke Docks an der Westküste los. Unser Ziel ist der Eurotunnel an der Ostküste, gut 6 Stunden Fahrt liegen vor uns. Irgendwann brauchen wir dringend Kaffee und Toiletten. Der Rastplatz ist eine ausgesprochen gute Wahl: Der Nachwuchs wird nachhaltig von Fastfood abgeschreckt. Stirnrunzelnd beobachten Louisa und Kilian, wie ihre Bestellung gaaaanz langsam abgearbeitet wird (Organisation des Ladens: Katastrophe), wie es um die Sauberkeit bestellt ist (mäßig: stählt das Immunsystem) und wie lecker die Tische sind (pappig, also kann nichts runterfallen). Gequengel hinsichtlich der üblichen Ketten sollte also bis auf weiteres entfallen. Hat sich der Stopp ja schonmal gelohnt.

Zweite kurze Pause hinter London, ohne Einkehr. Der mitbrachte Kuchen und Hummus mit Keksen schmecken auch und werden am Kofferraum gegessen. Die Eltern werfen kurzfristig den Plan, erst noch auf der Insel zu Abend zu essen über den Haufen. Wir können keine Pommes mehr sehen, aber so ein Bistro in Calais bietet doch bestimmt mehr … Also peilen wir direkt den Eurotunnel an.

Die Meldungen zu Beginn der englischen Sommerferien waren ja verheerend. Kilometerlanger Stau, Massenanstrum, stundenlange Wartezeiten… Als wir ankommen, ist keinen Menschenseele zu sehen. Nur gelegentlich taucht jemand in Warnweste auf und winkt uns weiter (gelegentlich winkt die Reiseleitung freundlich zurück, was bei der restlichen Familie zu Lachkrämpfen führt).

Bei der Ausreise aus Großbritannien werden die Pässe genau geprüft. Lenkrad und Fenster werden mit einem Tuch, wir nehmen an Sprengstoffsensibel, abgewischt. Danach werden wir im Sicherheitsbereich streng befragt: Unser Auto? Nur unser Gepäck? Pyrotechnik und Waffen an Bord? Fünf Meter weiter, Einreise in die Eu. Pässe werden wieder kritisch geprüft. Und dann fahren wir mit dem Auto in das Zugabteil, was irgendwie skurril ist. Jeweils vier Fahrzeuge finden Platz und bekommen Bremsklötze verpasst. Während der Fahrt darf man aussteigen, sollte aber besser nicht zwischen den Autos stehen. 35 Minuten dauert die Reise. Da wir ja unter dem Ärmelkanal fahren, knackt es entsprechend in den Ohren.

Eine kurze Fahrt, aber: In Calais ist es schon dunkel! Wir sind um 20.20 Uhr losgefahren und kommen wegen der Zeitverschiebung um 21.55 Uhr an. Unser Hotel ist nur 10 Minuten enfernt. Neben einem kleinen Park und direkt neben der sehr gut frequentierten Ausgehmeile von Calais. Junge Afrikaner mit hohen Afros, geschminkte Jungs in bauchfreien Shirts…. und mittendrin eine müde deutsche Familie auf der Suche nach Abendessen.

Die Küche hat meist schon zu, aber im Hovercraft bekommen wir noch was. Die Reiseleitung fühlt sich beim Blick auf die Speisekarte wieder schottisch .. um diese Uhrzeit große Gerichte für viel Geld? Es gibt schließlich einen Berg Nudeln für den Teenager und kleine Apero-Gericht für die anderen drei, die Reiseleitung opfert sich auch und bestellt einen Aperitif. Dann fallen wir gegen Mitternacht sehr müde ins Bett.

Endspurt

Tag 20: Sonntag, 21. August 2022

Frühstück finden wir in einer kleinen Bäckerei, einfach eine Tasse Kaffee und ein Teilchen. Sehr lecker und endlich mal wieder Kaffee, der nicht in Milch ertränkt wird. Danach noch ein kleiner Bummel durch die Innenstadt und ein Plausch mit unserem Vermieter Benoit. Der sanfte Franzose bietet derzeit nur 5 Zimmer an (absolute Empfehlung. Tolle Betten, sauber, 60 Euro für das Doppelzimmer) und baut das Haus gerade um, damit es in ein paar Jahren nur noch Apartments gibt.

Danach starten wir über Belgien in Richtung Speyer. Nur ein kurzer Kaffeestopp, erst nach 13 Uhr halten wir in Malmedy ziemlich nahe der deutschen Grenze an. Dort waren wir schon mindestens zweimal, allerdings immer nur im Supermarkt. Zunächst sieht es danach aus, als ob der Schwerpunkt des Ortes auf Frittiertem liegt. Wir kehren in einem kleinen Laden ein, der sehr gut besucht ist und die Thekenauswahl frittiert. Nunja, immerhin landestypisch.

Danach bestehen die Eltern noch auf einem Bummel und - wow. Es ist gerade Stadtfest und ein französischer Bauernmark “mit dem Flair des Südens” aufgebaut. Dazu Grillengezirpe aus dem Lautsprecher. Eine Band betritt gerade die Bühne (die Reiseleitung darf leider nicht verweilen) und wir finden noch sehr viele kleine Cafes … für einen Stopp in der Zukunft. Diesmal müssen wir ja weiter.

Gegen 18 Uhr sind wir zuhause. Die knapp drei Wochen haben sich viel länger angefühlt. In Irland haben wir uns alle vier verliebt, London muss nochmal erlebt werden, wenn es weder heiß noch voll ist. Und bis auf weiteres gibt es zum Frühstück englischen Beuteltee.

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