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Höllenritt über die Alpen

Samstag, 12. Oktober 2024

Nur weil man früh startet, heißt das noch lange nicht, dass man auch bald ankommt... Nach den guten Erfahrungen im vergangenen Herbst sind wir diesmal wieder früh, um 6.30 Uhr losgefahren. Aber dann war die A8 wegen eines brennenden Lasters und wegen Bauarbeiten gleich an zwei Stellen voll gesperrt. Also ging es über die A6 und die A7 nach Füssen, was ein dicker Umweg ist.

Das Wetter wechselte von strahlendem Sonnenaufgang zu dichtem Nebel zurück zu blauem Himmel und doch wieder Bewölkung. Der Versuch, eine Vignette zu kaufen, scheitert zwei Mal. Einmal sowieso nicht im Angebot, einmal ausverkauft. Wir lernen und merken uns: Es reicht vollkommen, wenn man sie spätestens an der Hütte Nassereith NACH dem Zugspitzblick kauft. Bei dem wir natürlich wieder anhalten, eine Rast anlegen und immerhin eine sich noch am Ausblick erfreuen kann, als hätte sie ihn zum ersten Mal gesehen.

Der Verkehr auf dem Fernpass ist dicht, aber immerhin rollen wir. Damit ist es dann am Brenner schnell vorbei: Wir benötigen knapp zwei Stunden, Stopp-and-go, stets bergauf. Was auch an der komplett chaotischen Verkehrsführung liegt, von drei Spuren auf zwei, unangekündigt wieder auf drei etc - wir haben uns den Stopp mit Espresso und Cornetti am Plosegrill satte 9 Stunden nach dem Start so verdient.

Danach folgt ein Großeinkauf in dem Eurospin, in dem wir 2023 schon waren. Doch diesmal biegen wir direkt ab: Unsere Ferienwohnung liegt in Latzfons, grob gesagt oberhalb von Klausen, Eisacktal. Alter Bauernhof mit zwei sehr schicken Wohnungen. Wir sind komplett platt, richten uns ein. Dann gibt es Abendessen Zuhause und chillen. Ab morgen soll es sogar eine Aussicht geben.

Mitten in den Wolken

Sonntag, 13. Oktober 2024

Gemütlicher Start in den Sonntag. Alle haben gut geschlafen. Nicole und Louisa konnten sogar einen Blick auf den wunderschönen Sonnenaufgang erhaschen, bevor sie sich nochmal kurz umgedreht haben. Der Bach plätschert, die Kuhglocken bimmeln, die Vögel zwitschern. Idyll.

Langkofelgruppe Örtl-Hof

Wir starten mit einer leichten Wanderung, die für die untrainierten Eltern aber komplett ausreicht: Mit dem Auto zum Parkplatz Kühhof. Ab dort bergauf zur Verdingser Alm, vorbei an vielen Almhütten. Vom sagenhaften Blick auf die Dolomiten leider keine Spur - dicke Wolken versperren die Sicht. Untrainiert mit über 50 ist übrigens noch einmal eine ganz andere Nummer als untrainiert mit über 40 ... (Und gute Vorsätze pflastern Mal wieder ihren Weg). Kilian stürmt voran, Louisa hat Hunger und beginnt eine Serie über fotogene Fliegenpilze, von denen es eine Menge gibt.

Schließlich haben wir knapp unter 2000 Metern unsern höchsten Punkt erreicht und auf einmal gibt es ein klitzekleines bisschen Sonne und einen Blick - der natürlich wirklich großartig ist. Kurz überlegen wir, die gute Stunde steil bergauf an das Latzfonser Kreuz dran zu hängen. Aber Louisa braucht dringend Kaiserschmarrn. Sehr dringend. Also verschieben wir den höchstgelegenen Wallfahrtsort Europas auf einen anderen Tag und steigen ab zur Klausener Hütte.

Blick zum Latzfonser Kreuz

Die Hütte ist eigentlich sehr bequem über einen breiten Fahrweg zu erreichen und entsprechend voll. Wir sitzen, versorgt mit ein paar Decken, draußen und genießen. Die Sicht auf die Berge, die jetzt endlich frei ist. Das Essen (Kaiserschmarrn, Lasagne und Käsenocken). Die Maronen, die neben der Hütte von einer munteren Truppe älterer Italienischsprechender, die aber auch perfekt deutsch sprechen, geröstet und dann verschenkt werden. Traum. Danach gehen wir den Fahrweg zurück zum Parkplatz Kühlhof, der übrigens 4 Euro am Tag kostet. Eine lohnende Investition.

Klausner Hütte

Die Daten zur Wanderung: 9,2 Kilometer, rund 500 Höhenmeter auf und ab, wir waren insgesamt 4 Stunden unterwegs.

Zurück in der wunderbaren Ferienwohnung gibt es Kaffee und Karottenkuchen, Nickerchen und danach einen Besuch bei den Kätzchen, Kühen und Kälbchen. Abendessen (Tortellini mit Butter/Knobi und Nudelsuppe) wunschgemäß in der Ferienwohnung, Und morgen wird wieder gewandert.

Zur Kirche der Toten

Montag, 14. Oktober 2024

Die Nachtruhe in einem Zimmer ist etwas gestört: Gegen 2.30 Uhr hat Louisa heftiges Nasenbluten (die überhitzten Zimmer im Massivhaus sind daran vermutlich nicht unbeteiligt). Das Bett bekommt zum Glück wenig ab, dafür sieht sie aus wie aus dem Horrorfilm. Blutung stillen, Gesicht und Haare reinigen dauert und so fehlt dann doch ziemlich viel Schlaf.

Zum Frühstück gibt es Eier von den hofeigenen glücklichen Hühnern und frisches Gebäck. Diesmal fahren wir schon kurz nach 10 Uhr los, denn bis zur Villanderer Alm fahren wir fast eine Stunde. Dort ist vermutlich manchmal mehr los: Große Banner kündigen mehrfach den "letzten kostenlosen Parkplatz" an, was wir sehr fair finden. Dann kommen die Banner für den kostenpflichtigen Parkplatz an der Gasserhütte: Satte 8 Euro pro Tag. Witzigerweise gibt es einen kleinen privaten Parkplatz der Almhütte für 5 Euro gleich daneben ... Was man aber wohl meist erst entdeckt, wenn man schon teuer eingeparkt hat.

Ohne analogen Wanderführer tun wir uns etwas schwer, die daheim ausgewählte Route wirkt zu kurz - es dauert eine Weile, bis wir uns orientiert haben. Die Entscheidung fällt für das Totenkirchel, also einmal quer über die Hochalm, Einkehr knapp unterhalb in der Pfroder Alm inklusive. Der Weg ist mal ein Pfad, Mal auf einer Kiesstraße und das einzige, was anstrengt, ist, dass es stetig bergauf geht. Am Ende werden wir knapp 13 Kilometer und etwas 520 Höhenmeter auf und dann wieder ab zurückgelegt haben.

Erst ist es bedeckt, aber dann wird es sonniger. Immerhin wandern wir diesmal nicht durch Wolken, das Panorama der Dolomiten ist sagenhaft. Stellenweise queren wir eine Art Moor, dann kommen wir wieder an Weiden vorbei. Die Kühe sind aber schon weiter unten - es hatte zu viel geregnet, hat die Bauerin vom Örtlhof erzählt, deren eigene Kühe und Kälbchen deshalb auch schon wieder im Stall sind.

Leicht angefröstelt und etwas ermattet kommen wir an der Pfronter Hütte an und bekommen sogar drinnen eine Sitzplatz. Kaiserschmarrn, Speckknödel und Gulasch, Käsenocken, Gerstsuppe - alles gut. Diesmal Kostenstand samt Getränken bei 62 Euro, am Tag zuvor waren es 52 Euro, da hatten wir aber auch eine Speise weniger. (Und die Bedienung war dafür deutlich freundlicher).

Aufgewärmt fällt der Aufstieg zum Totenkirchel leicht. In der Literatur wird die Kreuzgruppe gelobt. Wir staunen eher über die nach Jahreszahl geordneten Totenbildchen, die sich an den Wänden sammeln - und das sehr beeindruckende Regelwerk, was das Anbringen eines neuen Totenbildchens angeht. Vom Kirchel aus geht der Blick ins benachbarte Sarntal. Aber wir machen uns auf zum Totensee. Woher der Namen kommt, ist nicht wirklich klar (Menschen auf der Flucht vor der Pest oder doch einfach nur ertragloses Land?), aber es ist ein wirklich schöner Weg und der Totensee liegt wunderbar. Inzwischen scheint auch die Sonne.

Gemütlich geht es, stetig bergab, zurück. Unterwegs kringelt sich eine Schlange auf dem Weg, die wir fasziniert beobachten. Später lernen wir: Vermutlich eine Kreuzotter. Wir legen noch einen Kaffestopp in der Sonne in der Mair in Plun Hütte ein und teilen uns eine Kastanienrolle. Wenig Kastanie, viel Rolle, aber die Sicht entschädigt für alles.

Im Hintergrund die Sellagruppe

Ziemlich müde sind wir gegen 17.45 Uhr zurück. Louisa stürmt direkt in den Stall, um beim Füttern ihrer geliebten vier Kälbchen dabei zu sein. Abendessen, wie vor dem Urlaub vom Nachwuchs gewünscht, wieder Zuhause. Ist auch wirklich sehr gemütlich hier und Tortellini etc benötigen keine große Kochkunst. Eigentlich wäre es Zeit, für einen Tag Wanderpause. Aber da spricht leider der Wetterbericht dagegen.

Der Herrgott wird im Gastraum gelagert

Dienstag, 15. Oktober 2024

Laut Wetterbericht der letzte regenfreie Tag, also wird wieder gewandert. Mit erstaunlich wenig Widerstand vom Nachwuchs. Louisa hat den Morgen schon bei den vier Kälbchen verbracht und sich fest gekrault. Eine echte Kuhflüsterin und - Mal wieder - auf dem Weg zur Vegetarierin. Aber noch nicht gleich.

Wir kommen um 10 Uhr los, was für uns richtig gut ist. Diesmal nur 20 Minuten steile Fahrt zum Parkplatz Kasereck, der erstaunlicherweise kostenfrei ist. Von dort aus führt der Weg wahlweise eineinhalb oder zweieinhalb Stunden zum Latzfonser Kreuz. Wir nehmen den kürzeren, der entsprechend steiler über eine Hochalm führt. Aber alles bestens, vermutlich weil bei allen vier das Frühstück noch nicht solange her ist und wir inzwischen etwas eingelaufen sind. Vor uns geht geradezu ein Ameisentrail den Berg hinauf.

Der Grund, vielleicht: Der schwarze Herrgott höchstselbst. Die Figur wurde Ende des 18. Jahrhunderts geschaffen, um das Tal künftig vor schweren Unwettern zu bewahren. Und das am höchsten Punkt, zu dem man damals kam: auf 2311 Metern Höhe. Weil der Herrgott erstmal unter freiem Himmel wirken musste, wurde er mit Ochsenblut und Pech wetterfest gemacht - deshalb ist er schwarz. Er bekam erst eine kleine Kapelle, 1860 eine etwas größere. Dort verbringt er nach einer Wallfahrt aus Latzfons den Sommer. Und just jetzt wird er wieder ins Tal gebracht, am Sonntag gibt es dazu eine Prozession. Wer den Herrgott also quasi noch in seiner Sommerfrische sehen wollte, musste genau heute hoch.

Und dann kommt auf dem Weg auch noch die Sonne raus - wunderbar. Wir legen auf der Hütte neben der kleinen Kapelle (höchstgelegener Wallfahrtsort Europas!) eine Rast ein. Es gibt noch die Reste der Saison, denn am Wochenende schließt auch die Hütte. Vermutlich, weil der heilige Nachbar fehlt. Zum Glück können wir mit Karte zahlen, denn langsam geht uns das Bargeld aus. Das Kastanientiramisu schmeckt übrigens deutlich besser als die Kastanienrolle. Und wir entdecken den Herrgott: Er ist schon von der Kapelle in den Gastraum gebracht worden und darf noch etwas Zeit unter den Wanderern verbringen. In der Sitzecke, neben den Wanderstöcken. Bevor er am Nachmittag mit dem Auto ins Dorf gebracht und für das Event am Sonntag auf poliert wird.

Da hing er, ... ... da liegt er jetzt, ...

Danach machen wir uns noch zu viert auf den Weg zur Kassianspitze, beziehungsweise erstmal zum kleinen See unterhalb. Aber Nicole und Louisa stellen schnell fest, dass in Sachen Höhenmeter langsam nichts mehr geht. Also wandern sie zurück zur Kapelle, Gerald und Kilian besteigen tatsächlich die Kassianspitze mit ihren 2581 Metern.

Dolomiten

Nicole nimmt die Kapelle genauer unter die Lupe. Wie es sich für einen Wallfahrtsort gehört, werden viele Totenbildchen zum Herrgott gebracht. Und nach Jahrgängen sortiert liebevoll in roten Mappen in Plastikfolien abgeheftet. Louisa und Nicole stöbern wie üblich mit leicht morbiden Interesse in den Schicksalen. Als sie sich losreißen können, kommen Wanderer: Ein 95-Jähriger Winzer (zu erkennen an der blauen Schürze und dem Hut) mit relativ normalem Schuhwerk, in Begleitung eines weiblichen Familienmitglieds. Den Weg nach oben hat er wie immer Mal kurz zu Fuß zurückgelegt. Und ab geht es in die erste Bankreihe zum Beten.

Kurz darauf kommen die beiden Gipfelstürmer sehr euphorisiert zurück. Kilian hatte ja vorher sehr gehadert und jetzt seinen ersten Gipfel für diesen Urlaub erklommen. Nach allem was sie erzählen, war es wohl gut. Der Rückweg ist natürlich deutlich einfacher als der Hinweg, es geht ja "nur" bergab - und das geht ganz schön auf die Gelenke. Unterwegs nieselt es noch eine Runde. Am Auto angekommen sind wir alle ziemlich platt und zufrieden.

Die heutige Tour in Daten: 11,5 Kilometer, rund 810 Meter hoch und wieder runter. Das bedeutet für Nicole und Louisa etwa 9 Kilometer und 500 Höhenmeter.

Wir kaufen noch im rettungslos überteuerten Miniladen in Latzfons ein. An der Kasse strahlt uns die Kassiererin an: Ihr wart auf dem Latzfonser Kreuz, oder? Es stellt sich heraus, dass sie am Kasereck neben uns geparkt und uns wiedererkannt hatte. Ein fröhlicher Plausch an der Kasse. Dann schauen Gerald und Nicole noch kurz in die Pfarrkirche, die Winterresidenz vom schwarzen Herrgott, für die schon ein Plätzchen an der Wand freigehalten wird

Friedhofskerzenautomat ...da hängt er bald.

Abendessen Omelett von glücklichen Hofhühnern, Knoblauchbrot, grüner Salat und ein Gläschen feiner, aber preisiger Kerner aus dem Eisacktal.

Ein paar Heilige zu viel

Mittwoch, 16. Oktober 2024

Ein langsamer Vormittag. Gegen 11.30 Uhr ziehen wir los, diesmal soll es nach Brixen gehen. Ein bisschen Sightseeing, lecker Essen, bloß nicht zu viel laufen. Soviel sei schon verraten: Die Sache entgleist unterwegs ...

Brixen zählt 22.000 Einwohner und ist angenehm trubelig, aber nicht touristisch überlaufen. Wir stellen den Mazda im Parkhaus ab und sind schnell in der Innenstadt. Kleine Läden, Laubengängen, allerliebst. Erster Stopp ist, natürlich, der Dom. Ein erstes Gebäude wurde von 1174 gebaut, aber so überladen barock wurde das Gotteshaus erst zwischen 1745 und 1754. Es hat inzwischen den Status einer Kathedrale und ist der heiligen Maria und dem heiligen Kassius (siehe Berg von gestern) gewidmet. Viel zu sehen, wenn auch erstaunlicherweise keine Reliquien. Und noch mehr zu sehen gibt es im Kreuzgang - 15 der 20 Arkaden sind mit spätgotischen Fresken verziert. Viel Bibelstelle und mittendrin ein Elefant. Dabei bezieht man sich - Achtung - auf eine Geschichte aus dem Makkabäer Aufstand, 164 v.Chr, als man dachte, einen König auf einem Elefanten zu sehen und deshalb das Tier anzugreifen. Und der Elefant selbst ist ein bisschen Pferd, ein bisschen Schaf, dazu ein Rüssel ...

Angrenzend gibt es noch weitere Kirchen. Danach brauchen wir dringend eine Stärkung. Die geplante Einkehr, ein umgebauter ehemaliger Schlachthof der nun ein cooles Restaurant gleichen Namens beherbergt, ist knallvoll. Die Bedienung erwärmt unser Herz nicht. Also suchen wir weiter und stoßen auf einen kleinen Pizza-Imbiss, der von Italienern überrannt wird. Selbstbedienung, Sitzplätze im ersten Stock. Man wählt Pizzen aus, das Stück wird mit einer Schere abgeschnitten und gewogen. Allesamt lecker. Wir zahlen zwar 33 Euro, aber wenn man die 16 Euro Getränke abzieht - günstiges Mittagessen im Zentrum.

Wir bummeln an der Eisack und der Rienz entlang, durch den alten Stadtteil Stufels. Wieder zurück in die Altstadt, Kilian schmerzen schon die Füße. Wollten wir heute nicht quasi nichts laufen? Da fällt der Reiseleitung auf, dass man vor dem Diözesanmuseum in der ehemaligen Hofburg steht - und die Reisegruppe dank der Gästekarte doch freien Eintritt hat. Zugegeben, was folgte war eine ziemliche Überdosis an Krippen und Heiligen. Dabei ist das Krippenmuseum durchaus spannend: Die Bibelstellen, die ab 1700 abgebildet wurden, wirken wie frühes Playmobil und sind ganz schön blutig. Dazu kommen Krippen aus Wachs, aus Ton, Diorahmen ... Und das war nur ein Stockwerk. Im nächsten folgen viele Säle mit vielen Heiligen (dabei ist Maria die Quotenfrau), gefolgt von einem weiteren Stockwerk mit hochmoderner Kunst und Sälen mit einer Mischung aus beidem. Plus Interieur der ehemaligen Hofburg, mit ausgesprochen geschmackvollen Stühlen, deren Beine goldene Löwen oder Adler zieren ... Brrrr.

Der Kindermord

Als Belohnung ist eine Einkehr in einem Café geplant. Aber erst müssen wir noch zur Bank und alles zieht sich. Schließlich gibt es Kaffee, ohne Kuchen, in der Wunderbar, in der das gesamte Personal aus Menschen mit Down-Syndrom besteht, außer einer Frau an der Bar. Guter Kaffee, sehr angenehme Atmosphäre. Auf dem Weg zum Parkhaus gibt es noch einen ausgedehnten dm-Stopp für das Küken und einen kurzen Stopp in einem Bioladen für Salat zum Abendessen.

Am Ende haben wir 11 Kilometer zurückgelegt (wenn auch quasi keine Höhenmeter) und mindestens 1001 Heilige gesehen. Ups. Auf dem Heimweg nieselt es und unser Tal liegt in den Wolken.

Mitten im Berg

Donnerstag, 17. Oktober 2024

Die Wolken sind dick, der blaue Himmel gerade anderswo. Aber wir wollen nicht klagen: Über Norditalien liegt ein dickes Regenband, in Ligurien ist sogar die Autobahn gesperrt und die Schule fällt aus. Dagegen ist das Wetter bei uns noch richtig gut.

Louisa ist in Sorge: Warum steht Kälbchen Susi plötzlich alleine und die anderen drei (Lotte, Elli, Altantis) kuscheln sich einem Stallteil? Ist Susi krank oder kommt etwas der Schlachter? Aber nein, der Jungbauer kann beruhigen: Ein temperamentvolles Kälbchen ist einfach zu den anderen beiden gehüpft.... Gut, dass wir das geklärt haben. Und abends sind die vier auch wieder sortiert.

Gegen 11.30 Uhr starten wir nach Klausen. Glücklichweise haben wir vorgestern eher zufällig mitbekommen, dass eine der beiden Straßen, die in den Ort führen, gesperrt ist. Wir parken am Ortsrand, witzigerweise vor einem Café, in dem Gerald und Nicole - damals hochschwanger mit Kilian - Ende 2007 auf dem Weg zum Gardasee eine Rast eingelegt hatten. Mittagessen ist im Gasslbräu im Ortskern. Wir sind positiv überrascht: Die große Brauereiwirtschaft und die dreisprachige Speisekarte verheißen viel Tourismus. Tatsächlich ist der Wirt superfreundlich, das Essen lecker und mit gutem Preis-Leistungsverhältnis. Bruschetta mit Steinpilzen und Schupfnudeln mit Kastanien, was will man um diese Jahreszeit auch mehr (okay, einen Burger, aber das ist auch der immerhungrige Teenager)?

Klausen hat einen mittelalterlichen Ortskern, wunderschön. Aber wir müssen weiter: Wir wollen zum Bergwerk Villanders, dessen Eingang wir auf dem gegenüberliegenden Berg sehen, wenn nicht gerade eine Wolke die Sicht versperrt. Es geht sehr kurvig wieder Richtung Villanderer Alm, dann halten wir an einem kleinen Parkplatz. 300 Meter zu Fuß, dann stehen wir am Eingang. Es gibt zwar ein großes, neues, hölzernes Museumsgebäude (EU-Gelder, informiert das Schild), das angeblich im April eröffnet wurde - aber tatsächlich offen ist nur der Eingang zum Kassenbereich mit Mänteln und Helmen.

Skurriler Moment, als Führer Hans, nicht mehr ganz jung, mit der Technik kämpft und das Scannen der Gästekarten so gar nicht funktionieren will. Und ein breiter Sachse daneben jeden vergeblichen Versuch mit einem lauten "hahahaha" quittiert. Aber irgendwann klappts, wir holen uns Helme und Mäntel und sind fast zwei Stunden unterwegs. Wir steuern den Elisabethstollen an. Die verschiedenen Stollen sind nacheinander entstanden und jeweils nach dem Heiligen benannt, der am Tag der Entdeckung Namenstag hatte. Es gab mehrere Phasen, die erste so ab dem 13. Jahrhundert, dann wieder ab dem 15. Jahrhundert. Seit 1912 war der Stollen geschlossen, seit zirka 30 Jahren gibt es Führungen. Dazwischen wurden die Gänge aber von der Bevölkerung der umliegen Orte kräftig erkundet.

Abgebaut wurde in einer Linie Silber, das es im Stollen in einem Silber-Blei-Gemisch gab. Die Arbeitsbedingungen der Knappen waren herb, Mit ihrem Hämmerchen kamen sie pro Jahr 8 Meter weiter, Licht bot ihnen nur ein brennender Holzspan, den sie während der Arbeit im Mund hielten. Sehr beeindruckend. Die Belüftung hat wohl immer Recht gut funktioniert, es sind keine größeren Unfälle bekannt, sagt Hans, der sehr sympathisch, wenn auch manchmal etwas zerfleddert ist. Auf Toilette gingen die Bergleute übrigens in einer Art Plumpsklo, das jeden Abend von zwei Knappen geleert wurde. Wurde in eine andere Ecke gepieselt, gab es harte Strafen - man durfte zwei Wochen nicht arbeiten etc. Dabei waren die Knappen ziemlich gut bezahlt, für die Familien gab es eine Krankenversicherung, wer mehr als 10 Kinder hatte bekam das doppelte Geld. Ab 1530 galt auch die Regel, dass jeder Gang aus Sicherheitsgründen mindestens 1,80 Meter hoch sein musste. Der weiße Flaum an den Holzbalken sind Pilze, die in der Kombi aus Holz, Licht, Feuchtigkeit wachsen. Eigentlich wäre alles damit überwuchert. Aber zum Schutz von möglichen Allergikern und zum Schutz des Holzes werden sie regelmäßig entfernt. Im Stollen selbst ist es durchgehend 8 Grad warm und wir gelangen an das Ende, das 900 Meter im Berg liegt.

Danach zuckeln wir in den tief hängenden Wolken zur Ferienwohnung und lassen den Abend gemütlich ausklingen.

… Und noch ein paar Heilige mehr

Freitag, 18. Oktober 2024

Das Regenband hängt beharrlich fest. Es nieselt, es tröpfelt, es schüttet. Wenn wir aus dem großen Fenster schauen, sehen wir phasenweise nur weiß - mitten in den Wolken. Der Vormittag ist Abhängen auf hohem Niveau. Einzelne Teenager würden die Bude am liebsten gar nicht verlassen und nur ab und zu ein paar Kühe knuddeln. Aber die Reiseleitung, gleichzeitig Küchenchefin, verkündete fröhlich, dass das Mittagessen - anders als jedes Abendessen - definitiv nicht von ihr gekocht werden wird ...

Also zuckeln wir im Regen bergab, zur Einkehr in einem Törggelenlokal, was anderswo Buschenschank heißen würde. Es geht aus sehr pragmatischen Gründen (liegt an der Straße gen Brixen, hinter Feldthurns) in den Peintnerhof. Ein gemütlicher Gastraum im Untergeschoss eines Bauernhauses, die Wirtin verwechselt erst sehr konsequent die Bestellungen und muss nachhaken. Doch dann sind wir sehr angenehm überrascht: Speckknödelsuppe, Kasknödel und Kraut und Erdäpfelblattler mit Kraut sind ausgesprochen lecker, der Nachtisch in Form von süßen Krapfen mit Marmelade auch. Kostenpunkt wie üblich unter 60 Euro. Definitiv einer unserer günstigsten Urlaube und dabei darben wir wahrhaftig nicht.

Vor dem Großeinkauf in einem italienischen Supermarkt haben die Eltern noch ein kleines Kulturprogramm gesetzt: Es gab die Wahl zwischen der Franzensfeste und dem Kloster Neustift. Gerald und Nicole können sich nur noch sehr vage erinnern, einmal dort gewesen zu sein ... Also Kloster. Der Eintritt ist für uns dank der Gästekarte wieder frei. Angesichts der Wetterlage verzichten wir dankend auf den Kostenpflichtigen Klostergarten - wenig später schüttet es aus Kübeln. Das Kloster selbst ist wirklich sehenswert. Ein stimmungsvoller Friedhof, knallbunt bepflanzt ("so liegt man da schöner" sinniert ein Mitglied einer Reisegruppe), der Nachwuchs interessiert sich wie üblich sehr für die Lebenszeiten der Bewohner.

Die Klosterkirche ist wieder überbordendes Spätbarock, gnadenlos überladen - wir bekommen langsam Sehnsucht nach unserem schlichten Speyerer Dom. Der Kreuzgang ist wunderschön, viele Fresken, interessante Details. Das zugehörigen Museum ist ... Groß! Durchaus interessante Details, wie der Bote, der nach dem Tod eines Klosterbruders stets an die vier Monate unterwegs war zu allen anderen Augustinerklöstern, um von dem Tod zu unterrichten. Die anderen Mönche mussten dann auf der Rolle unterzeichnen und weiter ging's. Natürlich wieder viele Heilige und Alterbilder. Und was hatte eigentlich die arme heilige Barbara verbrochen, dass man ihr die Brüste abgeschnitten, sie nackt durch die Stadt geschleift, in Brand gesetzt und dann geköpft hatte ...? (Die Katholische Kirche bietet also wie immer große Momente) Und man das dann auch noch als großes Tafelbild gestaltet hat?

Faszinierend die Alterbilder aus Stroh, die schon Jahrhunderte überdauern. Stimmungsvolle Bibliothek, etwas moderne Kunst usw - der Nachmittag ist gut gefüllt. Aber Heilige und Barock haben wir wirklich für die nächsten drei Urlaube genug gesehen. Im strömenden Regen fahren wir zu einem Eurospin. Einkaufen fürs Abendessen und für die nächsten Tage daheim.

Als wir gegen 17.30 Uhr wieder zum Örtlhof fahren sehen wir sogar etwas blauen Himmel. Packen, kochen, spülen ... Auf Südtirol 1 wird darüber gesprochen, dass der Goldene Oktober in Südtirol bisher ausgefallen ist, es ab Sonntag aber besser werden soll.

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