Speyer - Cornwall - London - Speyer -- 18.5.-1.6.2024
Noch ein paar Stunden, dann geht es los.
Samstag, 18. Mai 2024
Um 5 Uhr geht der Wecker, um 5.45 Uhr fahren wir los. Mit viel Respekt vor der Strecke, die vor uns liegt. Schließlich wollen wir heute Abend in unserer Ferienwohnung in Cornwall ankommen. Vorher müssen wir einmal quer durch Frankreich, dann unter dem Ärmelkanal durch und danach noch einmal von einem Ende Englands zum anderen.
Dank der Unwetter in der Nacht zuvor sind wir erst hinsichtlich der Strecke unsicher, da uns Google maps nachhaltig vor Fahrten durch das Saarland warnt. Aber auf der Autobahn bekommt man nichts von den Überschwemmungen mit. Die Rückbank fällt schnell in Tiefschlaf und so brummen wir über Metz und Reims gen Calais. Eine kleine Frühstückspause aus den prall gepackten Picknickboxen gibt es erst um 9 Uhr. Nachdem Nicole am Steuer sitzt und den Jetpack erstmal ignoriert sinkt der Pegelstand im Tank auf einmal ganz schnell. Ups. Weiter geht es durch Sonne, Regen, Nebel .... Und um 12.20 Uhr stehen wir schon vor den Schranken am Eurotunnel. Mit laut Anzeige noch knapp 50 Kilometern im Tank und auf diesem gut bewachten Flecken Europa keine Tankstelle weit und breit.
Unsere planmäßige Abfahrt ist 14.48 Uhr, da alle Züge voll gebucht sind, bekommen wir auch nicht früher einen Platz. Aber die Zeit vergeht schnell. Erst gönnen wir uns für satte 22 Euro drei (!) Getränke beim überteuerten US Fachhändler für koffeinhaltige Heißgetränke (Starbucks) und essen weiter Mitgebrachtes. Die Tomaten Mozzarella Sticks sind schnell weg. An der Schlange direkt vor der Zufahrt verbringen wir die Zeit damit, Stacheldrahtzäune zu zählen und über die britische Flüchtlingspolitik zu diskutieren... Und schließlich bekommen irgendwann auch wir grünes Licht, fahren in Zug hinein und zuckeln gemütlich unter dem Meer durch.
Dank einer Stunde Zeitumstellung fahren wir ab 14.40 Uhr gen Westen, getankt haben wir bei der ersten Tankstelle nach dem Tunnel. Wir bewundern die überhohen Laster, die zahllosen Verkehrshütchen, die grünen Hügel ... Alles bestens. 16.30 Uhr dann ein Stopp, als endlich eine Servicestation in Sicht kommt. Davon gibt es nicht auf jeder englischen Autobahn vielen und rund um London kaum welche. Es gibt wieder Rohkost, vegane Würstchen, Hummus, Brezeln ... Und als wir in der riesengroßen Foodhalle auf Toilette gehen, gibt es gar kein Gejammer, dass dort nichts gekauft wird. Es hat doch Vorteile, wenn man inzwischen mit Teenagern unterwegs ist.
Der Weg zieht sich und zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist Nicole im Linksverkehr am Steuer. Gedacht war gemütliches Fahren auf der ganz linken Spur, nur geradeaus, keine Überholvorgaenge ...und dann verpassen wir eine Abfahrt. Es geht also auf die A27, die eher eine Bundesstraße ist, alle zwei Meilen kommt ein Kreisel, natürlich zwischendurch Gegenverkehr. Nicole ist sehr dankbar, als der Crashkurs nach zwei Stunden unfallfrei überstanden ist. Und es sind noch immer drei Stunden, die vor uns liegen.
Mal nieselt es, mal strahlt die Sonne. Wir hatten schlicht verdrängt, dass die Straßen anders als in Deutschland auch hier keine fetten Autobahnen, sondern einfach nur Straßen sind. Irgendwann ist es neblig und düster... Und um 21.36 Ortszeit sind wir ziemlich erschöpft am Ziel. Aber die Ferienwohnung begeistert uns sofort! Auf dem Küchentisch erwartet uns schon ein Korb mit Leckereien aus Cornwall. Die Fahrer stoßen mit Bier und Cider aus der Region darauf an, dass 1300 Kilometer überstanden sind. Und wir fallen alle bald ins Bett.
Sonntag, 19. Mai 2024
Am Morgen ist noch immer Ebbe an unserem Flussarm. Kein Auto, Flugzeug oder sonstiger Lärm ist zu hören (was sich in den nächsten Tagen noch ändern wird, wie wir schon wissen), nur das Plätschern des Wassers, dazu Möwenschreie oder Entengemecker. Herrlich. Wir frühstücken auf der Terrasse in der Sonne und fühlen uns wie im Paradies. Louisa entdeckt Stifte und beginnt zu malen, der Rest hängt ab.
Danach starten wir direkt von unserem Haus aus. Ein Fußweg genannt Denas Road führt uns durch den Wald an der Küste entlang zum Weiler St. Clement. So unglaublich schön, dass wir heute (fast) kein anderes Eck Cornwall mehr brauchen. Es hat über 20 Grad, der kleine Weg führt zwischen Farnen und Wolken an Bärlauchduft hindurch, wir bekommen einen Blick über den Flußarm.
Bei St. Clement angekommen verplaudert sich Nicole bei einem betagten Ehepaar, das in der Region wohnt und gerade auf der Bank am Meer gepicknickt hat. Danach verweilen wir lange in der Kirche, die ungefähr von 1250 stammt, im Kirchengarten, auf dem Friedhof ... Selbst der Nachwuchs kann sich nicht gegen die Idylle wehren.
Der Rückweg ist ungleich kürzer, führt an einer kleinen Kuhherde vorbei und über eine steile Wiese. Zurück am Haus gibt es erstmal etwas Nahrung, bevor der Supermarkt angesteuert wird. Tesco hat am Sonntag bis 16 Uhr geöffnet, wir schaffen es immerhin bis 15.10 Uhr hin. Die kleine Straße ist knallvoll, weil ein Cricketspiel läuft und bei den Sommertemperaturen viele Tagestouristen nach Malpas kommen. Wir kaufen ziemlich viele Kohlenhydrate.
Zum Abendessen und einen Blick auf das Meer zuckeln wir an die Nordküste nach Porthtowan. Sandstrand, Surfer, die Blue Bar (Vermietertipp) mit Essen am Meer - das Abendessen ist für zwei superlecker, für zwei so mittel. Kilian stellt fest, dass keiner der Angestellten über 25 Jahre alt ist. Nun ja, es gilt wohl: die Lage zählt. Es gibt viele interessante Menschen zu sehen und am Strand mit Sommerabendatmosphäre lässt sich gut schlendern und Füße ins eisige Wasser halten. Den Sonnenuntergang schaffen wir aber doch nicht mehr - dazu sind wir zu müde.
Montag, 20. Mai 2024
An diesem lauen Maimorgen sind wir ausgesprochen froh, in England und nicht in Deutschland zu sein. Denn am Nachbarhaus stehen Baggerarbeiten an, hat der Vermieter angekündigt. Wir hatten uns schon gefragt, ob wir um 7 Uhr von Arbeitsgeräuschen geweckt werden ... Aber nein. Um kurz vor 9 Uhr parkt ein kleiner blauer Bus neben der Terrasse, auf der wir gerade den Frühstückstisch decken. Ein schuldbewusster Nachbar und zwei sehr zurückhaltende Arbeiter stehen vor uns und erklären, dass sie selbstverständlich warten werden, bis wir gefrühstückt haben und unterwegs sind. Später stehen die beiden Männer entspannt mit einer Tasse Tee in der Hand da, die Reiseleitung kommt (natürlich) ins Gespräch. Beim Nachbarn ist der Kanal in die Brüche gegangen, nun muss ein neues Rohr verlegt werden - anders als das Rohr bisher, das quer über die Grundstücke lief, soll das neue aber sehr pragmatisch einfach nur zum nächsten Gully führen. Diesmal machen sie es auf die deutsche Art, sagen sie. Und der Pfusch vorher, das muss ein Handwerker aus Devon gewesen sein - merke: Die Liebe zwischen Cornwall und Devon ist genauso groß, wie zwischen Bayern und Österreich.
Wir fahren zügig los, die Lost Gardens of Heligan sind das Ziel. Gar nicht so viele Meilen, aber wir sind wieder auf kleinsten Sträßchen in grünen Tunneln unterwegs. Ein alter Landsitz, der nach dem Ersten Weltkrieg brachlag und im Zuge des Eden Projects (in der Nähe, Riesengewächshäuser mit Klimazonen, steht bei uns aber nur im Notfall auf der Liste, davon war zu viel im Englischbuch der sechsten Klasse) in eine grüne Oase verwandelt wurde. Die Ausmaße des Parkplatzes verraten schon, dass es hier manchmal ganz schön trubelig ist. Bei unserem Besuch verteilen sich die Besucher aber noch ganz gut.
Das Gelände ist riesig. An Riesenrhododendrons vorbei geht es in die alten Küchengärten, verschiedene Kartoffelsorten, Erdbeeren und Salatsorten werden liebevoll beschriftet nebeneinander gezogen. Spalierobst und historische Gewächshäuser, ein Plumpsklo, an dessen Wänden man die Namen der Gärtner gefunden hat, die später im Krieg gefallen sind. Es gibt italienische Gärten mit Sonnenuhr oder kleinem Teich. Im Bauernhofbereich die wohl glücklichsten Schweine, Truthähne, Hühner und Ziegen Englands. Zeit für ein Päuschen.
Die Speisen aus dem Stewart House sind jedoch leider - alle kalt. Selbst die sehr feine Quiche, aber auch die Wraps, dazu gibt es jeweils Erbsensalat. Dieses kulinarische Konzept geht für den Nachwuchs gar nicht auf... Eine Meuterei steht kurz bevor. Schließlich gab es am Abend zuvor ja erst die laut Louisa schlechtesten Spaghetti der Welt. Also schnell zurück zu glücklichen Eseln und Ziegen, bevor es zum - für uns - wunderschönsten Teil geht: "Der Dschungel", durch den eine burmesische Seilbrücke führt und der uns mit den Farnwäldern direkt nach Australien entführt. So sattes Grün, dazwischen ein plätschernder Bach, dazu Riesenblattgewächse, die uns schon in Irland fasziniert hatten. Wir lassen uns Zeit. Danach geht es noch an etwas Kunst im Grünen vorbei und knapp vier Stunden taumeln wir zurück zum Auto. Das zweite Cafe vor Ort haben wir ausgelassen, da tatsächlich per Schild darauf verwiesen wurde, dass auch die Pies nur kalt serviert werden.
Quer über die Roseland Halbinsel tuckern wir nach St Mawes, in dem Hafenstädtchen sollte doch ein Fish'n'chips zu finden sein. Wobei man sagen muss, dass man auf der Fahrt von der bestimmt reizvollen Halbinsel nichts zu sehen bekommt - dafür fährt man zu oft durch grüne Tunnel. In St Mawes parken wir und stellen beim Bummel fest: Fast alles hat zu, der Bäcker um diese Zeit sowieso, der Fish'n'chips-Verkauf auch. Die Stimmung ist am kippen. Letzte Zuflucht: Der sonnigen Biergarten des edlen Pubs Rising Star der schon ziemlich gut besucht ist. Nicole steuert um 16.20 die Bar an und wird informiert: Warmes Essen erst ab 17 Uhr. Puh ... Zwei kleine Bier für die Eltern, zuckerhaltige Getränke für den Nachwuchs und zwei kleine Tüten Chips retten die Lage. Im Hintergrund baut ein Sänger sein Equipment auf und wir bestellen Punkt 17 Uhr. Es gibt zweimal Fish and chips, einen sagenhaften Burger, einmal Kokosreis mit geschmorter Aubergine, dazu im Hintergrund kornischen (so heißt das, wenn es aus Cornwall ist) Folk - und der Abend ist dann doch noch gerettet.
Ein Abstecher geht noch, beschließt die Reiseleitung. Angeblich liegt die schönste Kirche Cornwalls auf dem Weg zur Fähre. Bei solchen Superlativen ist ja immer Skepsis angebracht. Aber was sollen wir sagen - Lage, Lage, Lage. St -Just-in-Roseland wartet mit einem zauberhaften palmenbesetzten Friedhof mit alten, verwitterten Grabsteinen auf und liegt am Meer. Ein wunderbarer Ort. Im Inneren der Kirche wartet die Pastorin gerade auf ein Gespräch mit einem der vielen Brautpaare, die angeblich die Kirche in Scharen nutzen. In der Zwischenzeit informiert sie uns über die vielen kreativen Sitzkissen, die vor Jahrzehnten einmal in Handarbeit gegen Geld angefertigt wurden, und die auch Motive wie Traktoren oder Schiffe zieren.
Als Abkürzung nehmen wir die King Harry Fähre über den Fluss Fal, an dessen Nebenarm wir wohnen. Eine alte Kettenfähre, auf der man bequem mit Karte zahlen kann. Gegen 19 Uhr sind wir zurück, die Arbeiter sind weg. Aber morgen soll es richtig laut werden.
Dienstag, 21. Mai 2024
Um 9.20 kommen die Handwerker. Ein kleiner Plausch, dann ziehen wir los. Und tatsächlich startet der Bagger erst um kurz nach 10 Uhr, als wir vom Grundstück fahren. Die Runde führt uns diesmal tief in den Westen auf die Penwith Halbinsel. Gut 45 Minuten dauert es, bis wir etwas oberhalb von Penzance im Tremenheere Sculpure Garden angelangt sind. Ein kleiner Landschaftspark mit viel Kunst. Zuvor gibt es noch einen kleinen Kaffeestopp vor Ort in der Tremenheere Kitchen und nur so viel sei gesagt: Familienurlaub ist nicht immer eitel Friede, Freude, Karottenkuchen ... Vor allem, wenn Geschwister sich etwas teilen sollen. Nach einem nachhaltigen Donnergrollen von Seiten der Eltern ist das Problem aber für den restlichen Tag geklärt und die weiteren Einkehren gestalten sich deutlich friedlicher.
Der Park ist gerade das, was das englische Wort "lush" umschreibt: In voller Blüte, Bienchen surren, Hummeln brummen. Und australischer bekommt man es in Europa wohl kaum noch: Holzwege führen durch Farnwälder in allen Grüntönen. Gefällt uns allen sehr gut. Die Kunst dazwischen animiert mal zum Schmunzeln, mal zum Nachdenken und mal zur Frage, was genau jetzt daran Kunst ist ... Nach zwei Stunden gibt es noch einmal eine kleine Einkehr im wirklich guten Restaurant (wie überall hier übrigens mit kostenlosem Leitungswasser), der Tofuecken sind zum Beispiel richtig fein.
Danach geht es noch einmal 26 Minuten weiter nach Porthcurno. Das Nest an der Südküste hatte einmal eine ganz besondere Funktion: Ab hier liefen einmal 14 Unterwasserkabel, die dafür sorgten, dass man weltweit per Morsecode kommunizieren konnte. Im zweiten Weltkrieg wurde dann aus einem Bunker heraus geschrieben. Der Museumsbesuch kam auch auf Wunsch von Kilian zustande und hat sich sehr gelohnt. Für die Technikbegeisterten lässt sich die Entwicklung zum Glasfaserkabel gut nachvollziehen, für die Kommunikationsfrau waren die Geschichten rund um die Kabel interessant (bei der Geschichte selbst kommt Deutschland ja verdientermaßen nicht so gut weg) und das Küken konnte sich mit einem Suchspiel zu Morsezeichen beschäftigen. Mit Helm auf den Kopf ging es in den ehemaligen Bunker und schwupps waren wieder fast zwei Stunden rum.
Was die Planung sämtlicher Ausflüge durchaus erschwert, sind die Öffnungszeiten, die in Irland, Australien und Neuseeland ähnlich sind: Cafés schließen gerne schon um 16 Uhr, Museen haben auch eher knappe Zeitfenster. Aber: der Strand hat ja immerhin stets durchgehend offen. Deshalb lassen wir die Tourihölle namens "Lands End", dem westlichsten Felsen Englands, einfach mal links linken. Touristen aus aller Welt hatten wir ja neulich erst beim Ausflug zur Bastei im Elbsandsteingebirge, das hat für das restliche Jahr gelangt. Stattdessen bekommt Louisa ihren großen Wunsch erfüllt und es geht zu einem ausgedehnten Sandstrand. Sennen heißt der eineinhalb Kilometer lange Küstenstreifen, als die Sonne herausblinzelt sieht man das türkisfarbene Wasser. Bei 15 Grad Luft- und 12 Grad Wassertemperatur ist die Diskussion darüber, warum wir für diesen Urlaub keine Strandsachen gepackt haben aber schnell beendet. Dennoch war einiges los, selbst die Strandwache war schon im Dienst. Aber die Einheimischen tragen schonp die ganze Zeit Flipflops und kurze Hosen, vermutlich gab es auch schon Schwimmer. Wir ziehen ein Parkticket von einer Stunde und hängen eine Runde ab.
Danach wird noch ein großer Wunsch der Reiseleitung erfüllt: Fisch zum Abendessen! Im Örtchen Newlyn direkt neben Penzance lockt die Mackarel Sky Seefood Bar, ein ganz kleiner Laden, in dem man nicht reservieren kann. Wir bekommen nach 15 Minuten auf der Brücke Schlangestehen vier Plätze mit Sicht auf die Miniküche. Drei Köche zaubern auf sechs Quadratmetern, es gibt nur kleine Fischgerichte zum Teilen (hehehe) und auf einmal kann sogar der Nachwuchs die britische Küche loben. Geht doch! Die kornish people (oder wie auch immer man die Cornwaller nennt) sind übrigens wieder allerliebst. Wie der Senior auf dem Parkplatz, der uns erst seinen Platz anbietet (er wartet doch nur kurz auf jemanden, da braucht er keinen eigenen) und danach noch einmal vorbeikam, um extra darauf hinzuweisen, dass wir um diese Uhrzeit kein Ticket mehr lösen müssen.
Für den Spaziergang durch Penzance hat um kurz vor 20 Uhr (fast) niemand mehr Lust. Also gibt es eine kleine Autotour durch die Chapelstreet, danach fahren wir fast einen Stunde zurück nach Malpas. Das Kanalrohr ist verlegt, morgen wird noch die Straße wieder aufgefüllt.
Mittwoch, 22. Mai 2024
Es ist der dritte Tag in Folge, der früh beginnt, weil wieder die Handwerker vor der Tür stehen. Wieder rollen wir Punkt 10 Uhr von der Ferienwohnung los, diesmal ohne vorherigen Plausch - es nieselt. Wobei die Reiseleitung nicht undankbar, ist denn sonst wäre die kleine Reisegruppe nie so zeitig unterwegs gewesen. Aber nach drei Tagen ist jetzt mal gut - denn auch der Mittwoch ist prall gefüllt. Schließlich muss sich die Anreise von einer knappen Stunde in die Bodmin-Region, nordöstlich von uns, auch lohnen.
Zunächst steuern wir die Central Station von Bodmin an. Dort zuckelt regelmäßig eine Dampflok los, die einzige verbliebene Normalspurbahn in Cornwall wird von Ehrenamtlichen betrieben. Der Parkplatz ist knallvoll, digital vorbestellt haben wir nicht. Aber im Zug um 12 Uhr sind noch vier Plätze für uns frei. Wir vertreiben uns die Zeit mit einem Bummel in den nicht weiter erwähnenswerten Ort, dort gibt es immerhin die ersten heißen Pies (salzig gefüllte Teigtaschen, in unserem Fall Käse/Zwiebeln und Beef/Curry) des Urlaubs.
Wie immer sind die meist ziemlich betagten Ehrenamtlichen in herrlichen alten Uniformen und mit viel Engagement dabei, das macht schon vom Zuschauen Spaß. Es gibt Platzkarten, die Waggons sind voll belegt, unter den Tischen sind auffallend viele Hunde (und Louisa ist im Glück). Ein Vierbeiner ist ausdrücklich nicht freundlich, warnt Frauchen und zeigt auf ihren verbundenen Daumen. Der Begleithund ist ziemlich schreckhaft und hat gebissen. Nicole holt im Zug noch Kaffee, der so achtsam zubereitet wird, dass sie nebenbei Zeit hat, beim Auffüllen der Milchdöschen zu helfen. Warum ist die Taktung außerhalb von Deutschland eigentlich immer einen Tick entspannter?
Bodmin & Wenford Railway fährt in zwei Richtungen, wir haben uns für die ...äh.... Längere Strecke entschieden. Nun. Gerade haben wir es uns bequem gemacht, kommt schon die Durchsage, dass der Zug am nächsten Bahnhof hält und wir in den 15 Minuten Aufenthalt zusehen können, wie die Dampflok umkoppelt. Das ging flott. Und um 12.45 Uhr sind wir schon wieder zurück. Schön war es trotzdem. Manche Fans sind hier regelmäßig unterwegs, wie der ältere Herr, der das Team in der Lok mit einem Kaffee überrascht hat.
Zeit für eine kleine Einkehr: Nur zehn Minuten Fahrt liegt das preisgekrönte Weingut Camel Valley entfernt. Ein preisgekröntes Weingut in England!! Das müssen wir uns ansehen, beziehungsweise: Verkosten. Auch hier bekommen wir an diesem Nieseltag ohne Vorankündigung einen Platz. Wir probieren sechs Glas a 65 Milliliter, für den Nachwuchs gibt es Saft und für alle etwas Knabberkram. Eine Stunde später landet ein Kistchen Wein im Auto und weiter geht's.
Damit diesmal keine Beschwerden kommt, wird vor der kleinen Waldrunde nochmal gegessen. Diesmal amerikanisch in Inkies Smokehouse. Was als ein kleines Hobby von ein paar Jungs begann, ist inzwischen ein sehr gefragter Imbiss mit Blockhütte, rustikaler Cocktailbar, Außenbereich und vor allem hochkalorischem Essen. Wir teilen uns zwei Burger, etwas Schweinebauch ("gesmokt", zerfällt fast im Mund) und etwas "Mac and Cheese" - danach können wir kaum noch blubb sagen. Aber wir wollen uns ja auch bewegen.
Praktischerweise hat Inkies seinen Standort genau auf dem Wanderparkplatz zu den Golitha Falls. Der kleine Fluss mändert mit Stromschnellen durch einen zauberhaften Wald, es wird ein ausgedehnter Spaziergang.
Ganz kurzfristig gibt es noch einen Abstecher in das Moor. Dort gibt es Steine - Menhire, die zu zweit stehen, eine Steinkreis wie in Stonehenge (nur in viel kleiner) ... Auf dem Weg dorthin ändert sich die Landschaft, ein Moor mit Ginsterbüschen, frei laufende Schafe, die sich auf der Straße niederlassen. Es nieselt leicht. Aber das kann, zum Glück, die beiden Teenager nicht schrecken. Ganz im Gegenteil: Kilian könnte jetzt noch eine Weile wandern, genau sein Ding. Und dann sehen wir nicht nur Schafe und Kühe - sondern auch eine Herde Moorland Ponies, die auch noch ein paar fröhliche umhertollende Fohlen bei sich haben. Nach einer Stunde haben wir genug von Niesel und Wind - der Heimweg dauert ja fast eine Stunde.
Donnerstag, 23. Mai 2024
Ein ruhiger Tag. Wir schlafen aus, es gibt ein englisches Frühstück mit den glücklichen Eiern, die im Geschenkkorb waren. Gegen Mittag fahren wir nach Truro. Ein wirklich hübsches kleines Städtchen mit vielen Läden, vielen Cafés, aber auch einigen Leerständen. Was wurde nochmal aus Superdry und Topshop? Aber erstmal geht es in die (fast einzige) Sehenswürdigkeit des Ortes: Die Kathedrale, neogotisch, erbaut 1910. Gerade wird das Orgelspiel auf einer Leinwand übertragen, die Zuhörer lauschen gebannt, die geparkten Rollato"ren verraten den Altersdurchschnitt. Wir schleichen derweil durch die Kirche, entdecken den "blauen Punkt" in einem Kirchenfenster (sollen nach einem versehentlich gelösten Schuss 1940 nur notdürftig bleiben, ist jetzt aber etabliert) und finden auch die Organistin.
Draußen pfeift ein kühles Windchen bei 15 Grad und Sonnenbrandgefahr besteht gerade auch nicht. Wir wagen einen Restauranttipp des Vermieters, The Yue bietet in einem kleinen Lokal Chinesisch-japanische Küche. Es gibt Bentoboxen, und verschiedene Hühnchen - alle glücklich und pappsatt.
Auf dem Bummel durch den Victoria Garden wünschen sich drei von vier einen Kaffee und es gibt tatsächlich einen kleinen Container, der nachhaltig-vegan-usw Heißgetränke und Süßkram anbietet. Wir genießen den Blick durch die Scheibe auf den Garten, haben danach aber den Verdacht, dass wir gerade koffeinfreien Kaffee mit Hafermilch zu uns genommen haben...
Danach ein kleiner Bummel durch Truro, ein langer Einkaufsstopp im Supermarkt Waitrose mit seinen kornischen Produkten - und schwupps sind wir wieder in Malpas. Und trinken erstmal einen Kaffee.